Edmund Krug

Ein Interview mit Edmund Krug [Past Distrikt Governor]

Herr Krug, wie kam es zu dem Engagement der Lions bei dem Projekt 500 MAL SEHEN?
Das Engagement der Lions im Bereich „Sehen“ besteht bereits seit mehr als 100 Jahren. Die Lions wurden 1917 gegründet, und bereits kurz darauf nahm Helen Keller, eine taubblinde Schriftstellerin und Aktivistin, an einer unserer Veranstaltungen teil. Sie forderte uns ganz gezielt auf, die „Ritter der Blinden“ zu werden und seitdem ist das Thema Blindheit und alles rund ums Auge und Seherkrankungen ein Schwerpunkt unserer Arbeit. Sie kennen doch sicher den typischen weißen Blindenstock – das ist eine Erfindung der Lions.

Neben Ihrem Engagement bei den Lions sind Sie auch Mitglied des Vorstands der Hamburger Blindenstiftung. Hat das Thema Blindheit für Sie auch eine besondere persönliche Bedeutung?
Das war, ehrlich gesagt, eher Zufall. Die Hamburger Blindenstiftung ist ja eine der ältesten Stiftungen in Hamburg und betreibt eine Einrichtung für blinde oder schwer sehbehinderte Menschen. Mein damaliger Chef war dort Vorstand und als er altersbedingt ausgeschieden ist, hat er mich einfach als Nachfolger vorgeschlagen.

Gibt es einen besonderen Erfolg, oder vielleicht auch einen Rückschlag, der bleibenden Eindruck hinterlassen hat?
Beides natürlich. Wir haben mal versucht, eine Kulturwoche für blinde Menschen in Hamburg zu organisieren. Das war eine große Sache, in die wir viel Geld gesteckt haben, aber es war leider ein totaler Misserfolg. Denn in der breiten Öffentlichkeit wird das Thema gar nicht so gerne wahrgenommen. Ein großer Erfolg ist dagegen unser Internat für blinde Kinder und Jugendliche hier in Hamburg.

Hat sich an der gesellschaftlichen Wahrnehmung, sowohl was Blindheit als auch Augenhornhautspenden betrifft, etwas geändert, seit Jens Spahn die Debatte um Organspenden wieder angestoßen hat?
Ich glaube, diese Diskussion ist ein Mittel von Herrn Spahn, um bekannt zu werden. Das ist sicherlich auch richtig so, denn das ganze Thema Organspende spielt eine wichtige Rolle. Die Augenhornhaut ist davon jedoch differenziert zu sehen. Augenhornhaut ist ja kein Organ, sondern Gewebe. Das heißt, sie kann toten Menschen entnommen werden, und das bis zu 72 Stunden nach dem Todeszeitpunkt, und nicht nur hirntoten Menschen. Wir hoffen natürlich trotzdem, dass die aktuelle Debatte Menschen anregt, sich über alle Spendenmöglichkeiten zu informieren.

Bleiben wir kurz beim Politischen: Nehmen Sie in Zeiten der Flüchtlingsdebatte und Populismus bei den Themen Spenden und soziales Engagement ein verändertes Klima in der Gesellschaft wahr?
Bei Spenden sehe ich das nicht unbedingt, allerdings beim Sponsoring für manche unserer Projekte. Viele Firmen halten sich inzwischen zurück und sagen, es sei doch schon alles gelaufen. Grundsätzlich ist die Bereitschaft zu spenden jedoch unverändert hoch, vorausgesetzt man kann den Menschen ein Projekt vernünftig erklären.

In wie weit profitieren Sie von dem internationalen Netzwerk der Lions, speziell bei dem Projekt SightFirst hier in Deutschland?
Die Lions sind mit über 1,4 Millionen Mitgliedern die größte NGO – Non Goverment Organisation - weltweit. Wir haben in den USA auch eine eigene Stiftung, die Lions Club International Foundation. Und wenn wir hier in Deutschland Projekte umsetzen möchten, können wir jederzeit Grants, also Zuschüsse, aus der Stiftung beantragen. So fließt ein Teil der Gelder, die wir Spenden, auch wieder an unsere spezifischen Projekte zurück.

Und wie generieren Sie Ihre Spendengelder?
Wir haben zum Beispiel einmal im Jahr ein großes Projekt in Zusammenarbeit mit dem RTL-Spendenmarathon. Das heißt „Lichtblicke für Kinder“ und ist wirklich eine tolle Sache. Wir sind bereits das achte Mal dabei. Das Prinzip ist ganz einfach: Wir werben bei den Lions innerhalb weniger Monate 500.000 Euro an Spenden ein. Dieser Eigenanteil wird von der „Stiftung RTL – Wir helfen Kindern“ dann verdoppelt und mit weiteren Zuschüssen des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung auf 1,5 Millionen Euro verdreifacht. Diese Summe setzen wir seit vielen Jahren für den Neubau oder den Ausbau von Augenkliniken ein, insbesondere in Afrika.

Haben Sie ein Beispiel?
Jetzt gerade war zum Beispiel unser Zielland Kamerun. Die Bezirkshauptstadt ist Kumba, die über eine bereits bestehende Klinik verfügt, die gut in ein regionales Netzwerk von Klinken eingebunden ist. Bisher werden dort die Augen von Erwachsenen in einem kleinen unsterilen Raum operiert, eine OP für Kinder ist aufgrund fehlender Ausstattung noch gar nicht möglich. In Kumba soll eine augenmedizinische Station gebaut werden, die genügend Platz bietet, um den hohen Bedarf der Region zu decken. Zusätzlich soll die ambulante Abteilung erweitert werden. Vor allem sollen die für die Operationen an Kindern notwendigen medizinischen Geräte angeschafft werden.
Was ich Ihnen in diesem Zusammenhang aber ehrlich sagen muss: Wir haben natürlich keine Ahnung, wie man eine Klinik in der Praxis errichtet. Deshalb arbeiten wir sehr eng mit der Christoffel-Blindenmission zusammen. Das sind die erfahrenen Techniker, die die Projekte für uns umsetzen. Wir sind diejenigen, die ein Teil des Geldes für das Projekt einwerben und das ist ein toller Erfolg, der sich auch bei unseren Mitgliedern herumspricht. Dieses Jahr haben wir innerhalb von drei Monaten sogar über € 700.000 bei den Lions eingesammelt.

Abgesehen von Spenden: Was würden Sie sich von der Politik, der Gesellschaft oder auch Ihren Partnern wünschen, damit Ihre Arbeit leichter wird?
Es wäre schön, wenn die Politik in manchen Entscheidungen etwas schneller wäre. Regularien bremsen manchmal auch und beim Weg durch die Instanzen fragt man sich oft, wie kann das angehen? Das bin auch aus meinem beruflichen Leben in der Bank natürlich anders gewöhnt, da wurde irgendwann einfach entschieden (lacht).

Vielen Dank für das Gespräch!

Interview und Foto: Fabienne Fahrenholtz und Ilja Emrich, redRobin